"Ich weiß auch nicht genau, was ich da mache. Aber es ist gut." (T.C. Boyle)
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Schreiben wie ich's mag (2)

Vor Selbstzweifeln ist keiner gefeit

Für Kopfschmerzen sorgt das Ganze allerdings schon. Ich frage mich in Anfällen von Selbstzweifeln und Übellaunigkeit: "Muss ich wirklich mit Blut schreiben, um zu erfahren, dass Blut Geist ist?" Nietzsche verlangt so was prinzipiell Ekliges. Blut ist natürlich immer irgendwie gut, so entstanden die dicksten Freundschaften, z.B. zwischen Winnetou und Old Shatterhand und meinem Bruder Randy-Andy und dem dicken Karl-Dieter aus der Blümchenpiratengruppe im Kindergarten, aber die haben sich irgendwie aus den Augen verloren. Der eine wurde Ingenieur, der andere sitzt gern mal im Knast. Erfreulicherweise ist es nicht mein kleiner Bruder (1,92 Meter ohne Stöckelschuhe), der nicht auf seine Mama gehört hat: Lerne was, dann wirst Du was.

Ein Knacki in der Familie ist viel wert

Freilich ist für einen Schriftsteller ein Knacki im familiären Kreis auch nicht verkehrt, man erfährt, wie Tabak in Toilettenpapier eingerollt schmeckt. Veraltet ist übrigens in diesem Zusammenhang Lessings Vorschlag: "Schreibe, wie Du redest, so schreibst Du schön." Bei allem Respekt vor aktueller Wortgewalt: So was kann heutzutage ganz derb in die Hose gehen.

Verbleibt immer noch die Frage: Ist es tatsächlich gut, nach einem Pulitzerpreisträger (Stephanides im konkreten Fall, s.o.) oder überhaupt nach Schriftstellern zu schielen, deren Schreibe einen derart umhaut, dass man sich „sooo will, werde, muss ich es machen“ sagt? Korrekte Antwort für mich: Jein. Bücher, die ich ungern aus der Hand lege, weil ich mit meiner Lektüre nun mal fertig bin, motivieren mich. Ich sage mir: Versuche auf Deine Art so gut zu sein wie ihre Macher. Aber verbiege Dich nicht. Entwickle Deinen eigenen Stil, erzähle Deine Geschichten so, dass niemand hinter vorgehaltener Hand gähnt. Ist natürlich utopisch, vielleicht sogar verdammt sich selbst überschätzend, mit solch einem Anspruch ans Werk zu gehen.

Ein Meisterwerk und alles wird gut

Wer trifft schon den Nerv aller? Mehr noch: Wer will das eigentlich? Selbst Bestsellerautoren ist klar, - davon gehe ich zumindest aus -, dass die meisten ihrer gekauften Bücher der Zierde des Regals dienen; nur die Minderheit liest tatsächlich, liest zumindest an. Dem Autor kann das egal sein: Was scheren ihn die Umstände, die den Käufer in die Buchhandlung locken, letztendlich stimmt im positiven Fall die Kasse, der Marktwert steigt erneut, der Autor weiß: Mein nächstes Buch wird auch ein Knüller. Und schleppt sein Labtop an die Cote d’Azur, um in seinem Ferienhaus die Tastatur zu bearbeiten. Ein guter Freund und Kollege sagt’s grinsend und keineswegs unbescheiden: Ein einziges Meisterwerk, ein Treffer, der knallt, dann hat man ausgesorgt. Klar. Und Amen.

Es zündet oder es zündet nicht

Schön, hier geht’s also ums Schreiben. Gutes Schreiben. Sätze, Formulierungen, Inhalte, die so lebendig sind, dass der Leser Bilder sehen kann. Ich persönlich möchte sie möglichst schnell sehen. Einer Kurzgeschichte gebe ich die ersten zwei Absätze, einem Roman dreißig, maximal fünfzig Seiten. Wenn’s mich dann nicht packt, höre ich auf. Ich quäle mich nicht durch Bücher. Ich halte auch nichts von Pflichtlektüre: Das musst Du gelesen haben.

Wer sagt das? Mein Deutsch-Leistungskurs ist Vergangenheit, mein Studium deutscher und spanischer Literatur…dito. Natürlich war es prägend, spannend, durchaus förderlich für den Geist, gewisse Vorgaben zu bekommen. „Jetzt ist mal Sturm und Drang dran, morgen machen wir’s expressionistisch. Und Nachkriegsliteratur, Holla, da war was los.“ Mitgemacht. So kennt man sich eben aus, kann ein wenig mitreden. Nicht nur schwafeln. Nicht nur einen auf schlau machen und in Wirklichkeit ein infantiler Schwätzer sein. Aber heute lese ich, was ich lesen möchte. Und ich schreibe so, wie es mir gefällt.

Ich bin nicht der Oberguru

Vorweg bitte ich um Nachsicht: Ich bin weder der Oberguru, was eine vernünftige „Schreibe“ angeht, noch glänze ich durch eine Million Veröffentlichungen auf dem literarischen Markt…so was zieht ja, da sitzt man auf Wolke Sieben und darf die unsinnigsten Vorschläge machen („Stülp Dir die Socken über die Ohren, das macht schlau!“). So nach dem Motto: Mensch, die hat schon so viel geschrieben, die muss ja Ahnung haben. Muss die nicht, das gleich vorweg. Dafür gibt’s zuviel Müll in den Buchhandlungen, oftmals von den gleichen Autoren fabriziert, die man schon beim erstmaligen Lesen gefressen hat.

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Foto: Gottes kalte Gabe

Karin Reddemann

Gottes kalte Gabe

Ein totes Mädchen tanzt auf Gräbern und spielt Gott; Max Kellermann bekommt sein erstes gutes Gespräch und eine letzte Rose nach seinem großen Flug; Kurt dichtet über Zwerge … und Vater weint trocken, weil gestern eben gestern ist. Die Geschichten von Karin Reddemann lassen den Leser in ein Meer von Bildern und Worten tauchen, das herrlich ehrlich nach Salz schmeckt. Gottes kalte Gabe ist eine Auswahl an Short-Stories, in denen Leben passiert. Es macht manchmal atemlos, sie zu lesen.

Dr. Ronald Henss Verlag, 2006
ISBN 978-3-9809336-3-6

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