"Ich weiß auch nicht genau, was ich da mache. Aber es ist gut." (T.C. Boyle)
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Bin schwach geworden

Schon mal vorweg: Die Sache mit dem weiblichen Widerspruch stammt nicht von mir, sondern von Humphrey Bogart, ergo von einem echten Kerl, der Ahnung hatte. Wohl auch von mir: Schwach bin ich geworden, habe böse über Freizeitlyriker gemeckert, geschworen, Herz und Hirn nicht an schnöde Möchtegern-Lyrik zu verlieren, und klammheimlich habe ich nun doch gedichtet. Mir war danach. Ich bekenne, mir damit widersprochen zu haben, so ganz harmlos natürlich, man wird ja mal kurzfristig seine Meinung ändern dürfen, so als Frau. Also denn, hier sind meine Poems, drei nur, die dürfen als Laune betrachtet werden.


Die Alte


Die Alte saß am Straßenrand
im Staub und sang und trug ein Kleid,
und saß und sang und trug das Kleid,
dasselbe wie vor langer Zeit.

Es war derselbe Straßenrand,
es war dasselbe Lied,
derselbe Staub in ihrem Haar,
in diesem grauen langen Haar,
das ordentlich geflochten war,
genauso wie vor langer Zeit

Sie saß in ihrem alten Kleid
im Staub und sang und hielt ein Band,
und saß und sang und hielt das Band,
dasselbe Band in weißer Hand.

Es war derselbe Straßenrand,
es war dasselbe Lied,
derselbe Staub in ihrem Blick,
in diesem grauen tiefen Blick.
Er ging ins Irgendwo zurück,
ins Irgendwann vor langer Zeit.

Dort saß sie einst im weißen Kleid
im Staub und sang und trug ein Band,
und küsste weinend dieses Band
ein weißes Band in kalter Hand.


Ich wünsche


Ich wünsche meinen Kopf zurück.
Stück für Stück
fresst Ihr ihn.

Meine Seele soll zurück.
Stück für Stück
raubt Ihr sie.

Ich wünsche mir mein Herz zurück.
Stück für Stück
gab ich es.

Ich wünsche mir die Welt zurück.
Stück für Stück
starb sie mehr.

Ich wünsche mir mein Ich zurück.
Stück für Stück
suche ich.

Ich wünsche meinen Schlaf zurück.
Stück für Stück
träume ich.



Meine Brüder waren Spieler


Meine Brüder waren Spieler,
spielten Träume,
träumten Spiele.
Viele Träume,
viele Spiele,
viele Brüder
sind nicht mehr.

Meine Brüder waren Träumer,
träumten Kämpfe,
kämpften Träume.
Viele Kämpfe,
viele Träume,
viele Spiele
sind nicht mehr.

Meine Brüder waren Kämpfer,
kämpften Lügen,
logen Kämpfe.
Viele Lügen,
viele Kämpfe,
viele Träume
sind nicht mehr.

Meine Brüder waren Lügner.

Spieler
sind sie
längst nicht mehr.



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Foto: Gottes kalte Gabe

Karin Reddemann

Gottes kalte Gabe

Ein totes Mädchen tanzt auf Gräbern und spielt Gott; Max Kellermann bekommt sein erstes gutes Gespräch und eine letzte Rose nach seinem großen Flug; Kurt dichtet über Zwerge … und Vater weint trocken, weil gestern eben gestern ist. Die Geschichten von Karin Reddemann lassen den Leser in ein Meer von Bildern und Worten tauchen, das herrlich ehrlich nach Salz schmeckt. Gottes kalte Gabe ist eine Auswahl an Short-Stories, in denen Leben passiert. Es macht manchmal atemlos, sie zu lesen.

Dr. Ronald Henss Verlag, 2006
ISBN 978-3-9809336-3-6

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